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Ich hatte die Gelegenheit, mit Anish Sharan von Pritzker Private Capital zu sprechen. Dabei habe ich viele wertvolle Erkenntnisse darüber gewonnen, wie die digitale Transformation (insbesondere die Automatisierung) in die strategischen Initiativen von Unternehmen passt und inwiefern die Chefetage ein wichtiger Partner bei diesen Bemühungen ist.
Können Sie uns etwas über Ihre aktuelle Position und Ihren beruflichen Hintergrund erzählen?
Sharan: In meiner Funktion als Head of Digital Transformation bei der Investmentgesellschaft Pritzker Private Capital (PPC) unterstütze ich unsere Gruppe mittelständischer Unternehmen bei der Umsetzung der digitalen Transformation, um die Kundenerfahrung zu verbessern, die betriebliche Effizienz zu erhöhen und die Datennutzung zu vertiefen.
Durch meine erfolgreiche Leitung von strategischen Wachstumsinitiativen der Bereiche für digitale und operative Exzellenz bei Chicago Mercantile Exchange, The Nielsen Company, Leo Burnett, Motorola und Toyota weiß ich, dass digitale Transformation eine Frage der Einstellung ist.
Was hat sich in Ihrer jetzigen Funktion in den letzten 12 bis 18 Monaten an der strategischen Ausrichtung geändert, in Bezug darauf, wie Automatisierung zu einem wichtigen Bestandteil der digitalen Transformation wird?
Sharan: In den letzten 12 Monaten hat sich das geschäftliche Umfeld dramatisch verändert. Nach einer langen Phase der Stabilität und des Wachstums weht den Unternehmen ein kräftiger Gegenwind ins Gesicht: Probleme in der Lieferkette, Arbeitskräftemangel, Inflation, Schwankungen der Nachfrage oder einfach nur eine allgemeine Verunsicherung – all diese Faktoren haben die Unternehmen veranlasst, neu zu bewerten, was sie tun können, um diese Einflüsse abzuschwächen. Aus meiner Sicht ist Digitalisierung eine verfügbare Ressource, mit der Führungskräfte ohne großen Aufwand schnell Mehrwert schaffen können. Automatisierung und künstliche Intelligenz (KI), insbesondere KI auf Verbraucherebene wie z. B. die inzwischen allgegenwärtigen großen Sprachmodelle, sind entscheidende Hebel für die Führungsebene und werden schon in sehr kurzer Zeit bedeutende Ergebnisse liefern.
Sehen Sie einen roten Faden, der das alles zusammenführt?
Sharan: Ich stelle fest, dass Automatisierung zunehmend geschäftsorientiert ist und die IT eine wegbereitende Rolle einnimmt, was sehr sinnvoll ist, da die IT allein den tatsächlichen Geschäftsbedarf nicht beurteilen kann. Ich sehe auch, dass CEOs, CFOs und COOs die Automatisierung vorantreiben. Sie haben die Notwendigkeit erkannt, digital zu denken und Maßnahmen zu ergreifen, um erfolgreich durch dieses schwierige Geschäftsumfeld zu navigieren und das Wachstum voranzutreiben. Diese Unterstützung auf höchster Ebene ist der rote Faden, der sich durch alle erfolgreichen Transformationsinitiativen zieht. Automatisierung beruht in hohem Maße auf dem Änderungsmanagement – und das beste Änderungsmanagement beginnt an der Spitze. Es kann nicht sein, dass ein Team auf mittlerer Ebene den Wandel von sich aus vorantreibt. Er muss von der Führungsebene als strategische Priorität für das Unternehmen vorgelebt werden.
Sie erwähnten Inflation, Lieferkettenprobleme und Arbeitskräftemangel. Sehen Sie noch andere qualitative Themen, an denen Führungskräfte in Unternehmen arbeiten und bei denen Digitalisierung und Automatisierung ihnen helfen können?
Sharan: Ein großer Vorteil der Automatisierung ist ihre Fähigkeit, Humankapital freizusetzen. Man schaue sich nur an, wie die Automatisierung die Produktivität von Mitarbeitern und ihre Arbeitszufriedenheit verbessert. Ein CFO, den ich sehr schätze, sagte einmal, dass ihm Beschäftigte leidtun, die „in Transaktionen gefangen“ sind. Ich habe diesen Ausdruck nun schon oft zitiert, weil er so wahr ist. Indem Sie die Automatisierung nutzen, befreien sich Beschäftigte von lästiger manueller Arbeit und gewinnen Zeit, ihre Kreativität und analytischen Fähigkeiten für höhere Ziele einzusetzen – nicht nur für das Unternehmen, sondern auch für sich selbst.
Als Verfechter der schlanken Arbeitsweise bin ich überzeugt von Gemba Walks, bei denen nachgefragt wird, wie die Beschäftigten arbeiten. Sie helfen mir, eine ganzheitliche Sichtweise des Problems zu entwickeln. Durch sie habe ich gelernt, dass Menschen jede Hilfe begrüßen, die ihnen die banalen oder repetitiven Aspekte ihrer Arbeit abnimmt, weil sie buchstäblich „in Transaktionen gefangen“ sind.
Sie haben mit Menschen in der Fertigungsindustrie zusammengearbeitet. Sind Ihnen in dieser Branche Punkte aufgefallen, wo die „Früchte für die nächste Stufe der Automatisierung niedrig hängen“?
Sharan: Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Hersteller die Kosten weiter senken und effizienter arbeiten, was aber nicht zulasten der Sicherheit gehen darf. „Fertigung 4.0“ bzw. „Smart Manufacturing“ revolutioniert die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Produkte herstellen, verbessern und vertreiben. Die Hersteller integrieren neue Technologien wie das Internet der Dinge (IoT), Cloud-Computing, Cloud-Analytik, KI und ML (maschinelles Lernen) in ihre Produktionsanlagen und den gesamten Betrieb. Beispielsweise schafft die Automatisierung und Kombination von Daten aus der Produktion und von Betriebsdaten aus ERP-, Lieferketten-, Kundendienst- und anderen Enterprise-Systemen mehr Transparenz und produziert Erkenntnisse aus Informationen, die bisher in verschiedenen Geschäftsbereichen getrennt waren. So lässt sich ein neues, bis dato nicht erreichbares Maß an Effizienz und Reaktionsfähigkeit gegenüber den Kunden erreichen.
Stoßen Sie auf Widerstand gegenüber Veränderungen oder der Einführung dieser Art von Technologie?
Sharan: Wann immer man bei Veränderungsinitiativen möchte, dass Menschen Dinge anders machen, ist Widerstand zu erwarten. Es gibt einen gewissen Widerstand dagegen, Dinge anders zu machen, und es gibt einen gewissen Widerstand gegenüber Technologien. Die Menschen sind nicht nur der Technik gegenüber misstrauisch, sondern auch gegenüber dem, was sie für die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes bedeutet. Es ist wichtig, die Dinge in einen Kontext zu stellen, damit die Mitarbeiter die Möglichkeit erkennen, sich um höherwertige Tätigkeiten zu kümmern und die manuellen und repetitiven Aspekte ihrer Arbeit den Maschinen zu überlassen. Ich denke, dass wir eher zu einem Gleichgewicht der erweiterten Intelligenz kommen werden, als dass Maschinen uns die Arbeitsplätze wegnehmen.
Gehen Sie davon aus, dass Kundenfreundlichkeit nur dann möglich ist, wenn die Mitarbeiter gute Arbeitsbedingungen haben, oder konzentrieren Sie sich primär auf die kontinuierliche Steigerung der Kundenfreundlichkeit?
Sharan: Ich denke, das sind zwei Seiten derselben Gleichung. Meiner Erfahrung nach beginnt alles mit dem Kunden, und wenn etwas für den Kunden besser wird, profitiert der gesamte Wertstrom davon. Denken Sie zum Beispiel an eine Situation, in der Mitarbeiter per E-Mail oder Telefon übermittelte Bestellungen manuell eingeben. Nehmen wir an, wir setzen nun automatisierte Selfservice-Funktionen wie Kundenportale ein. In diesem Fall steigt die Kundenfreundlichkeit, da alle Bestellungen vollständig einsehbar sind. Aber auch die Mitarbeiter profitieren davon, da sie nicht mehr stupide Daten eingeben müssen, sondern sich für die Kunden einsetzen oder, noch besser, ein internes Vertriebsteam werden können. Wenn Sie sich also auf die Kundenfreundlichkeit konzentrieren, stellen sich auch positive Folgewirkungen ein.
Was ist Ihrer Erfahrung nach die beste Methode, um den Wert dieser Art von Initiativen zu verdeutlichen und die Zustimmung der Führungskräfte zu erhalten?
Sharan: Ich werde immer wieder gefragt: „Warum sollten wir das tun? Wird es uns auf der Makroebene wirklich weiterbringen?“ Und darauf antworte ich mit dem Mantra „krabbeln-gehen-laufen“.
Wir sollten groß denken, klein anfangen und dann schnell voranschreiten. Warum? Weil ein kleines Pilotprojekt für das Unternehmen mit wenig Aufwand verbunden ist, und wenn sich die Ergebnisse einstellen, haben die Mitarbeiter den kalten, harten Beweis dafür, wie Automatisierung den Kunden, ihnen selbst und ihrer Produktivität zugutekommt. Dieser Mehrwert spricht für sich selbst. Der Schlüssel liegt darin, zunächst das große Ganze im Blick zu haben und diese Vision dann zu kondensieren, um klein anzufangen und zu sehen, wie es sich anfühlt. Dann sieht man erste Fortschritte und kann in der Folge das Tempo steigern.
Haben Sie einen Tipp, wie man interne PR einsetzen und zeigen kann, dass die Metriken das Unternehmen voranbringen?
Sharan: Es hilft, Erfolge sichtbar zu machen. Der Aufbau eines Peer-Netzwerks ist eine gute Möglichkeit, eine Gemeinschaft von Unternehmen zu bilden, die sich mit Automatisierung beschäftigen. Wenn Unternehmen sehen, dass ihre Konkurrenten mit der Automatisierung erfolgreich sind, werden sie eher zur Nachahmung bereit sein. Besonders aufschlussreich sind Aussagen von der Ebene der Führungskräfte/CEOs. Die Mitarbeiter möchten vom CEO hören: „Das und das hat die Automatisierung meinem Team gebracht, und das sind die Veränderungen, die wir gesehen haben.“ Daraufhin meldet sich unweigerlich ein anderer CEO und sagt, dass er eine ähnliche Initiative starten möchte.
Die grundlegenden Prozesse unterscheiden sich nicht wesentlich zwischen den Unternehmen. In der Finanzabteilung beispielsweise verläuft die Kontenabstimmung immer gleich, es spielt keine Rolle, ob es sich um einen Industriebetrieb oder ein Konsumgüterunternehmen handelt. Warum sollte man also nicht von anderen lernen? Ich habe sogar das Netzwerk von Automation Anywhere kontaktiert, um ein Unternehmen zu suchen, das einen bestimmten Automatisierungsprozess durchgeführt hat, um ihn in das eigene IT-Umfeld zu übernehmen oder die beiden Unternehmen miteinander zu verbinden.
Was glauben Sie, wohin wird sich intelligente Automatisierung in den nächsten 12–18 Monaten entwickeln?
Sharan: Ich gehe davon aus, dass KI in 12 bis 18 Monaten zu einem allgegenwärtigen Hilfsmittel für Unternehmen wird, die ihre Geschäftsentscheidungen verbessern und mit der Macht der Daten zukunftsfähig werden wollen. Die Technologielandschaft verändert sich rasend schnell, und die Bemühungen um digitale Transformation gewinnen immer mehr an Dynamik und Dringlichkeit. Moderne, globale Unternehmen benötigen hochentwickelte, technologisch fortschrittliche Lösungen. Künstliche Intelligenz ist die nächste Stufe der intelligenten Automatisierung, wobei ML und prädiktive bzw. präskriptive Analytik eine immer größere Rolle spielen.
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